Politik Streit um doppelte Staatsbürgerschaft Die großen Parteien zu Verständigung bereit SPD-Chef Lafontaine bietet vor allem der FDP Gespräch an / Liberale arbeiten an eigenem Gesetzentwurf csc Bonn (Eigener Bericht) - Nach der CDU hat auch die FDP einen eigenen Gesetzentwurf zur Reform des Staatsbürgerschaftsrechts angekündigt. FDP und CDU forderten zudem die Bundesregierung erneut auf, einen Kompromiß in der umstrittenen Frage doppelter Staatsbürgerschaften zu suchen. FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle erinnerte dabei an die erfolgreiche Suche nach einem der Parteien im Streit um den Abtreibungsparagraphen 218. Die SPD signalisierte der Opposition ebenfalls Gesprächsbereitschaft. Nach einer Sitzung des SPD-Präsidiums bezeichnete es Parteichef Oskar Lafontaine als ,,selbstverständlich, bei den parlamentarischen Beratungen Verständigungen dazu zu suchen, wo sie möglich sind". Er sprach dabei vor allem die FDP an. Der Union warf Lafontaine vor, ,,populistisch auf der Welle der latenten Ausländerfeindlichkeit zu surfen". Der CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble verteidigte die geplante Unterschriftenaktion mit den Worten: Es sei ,,legitim und geradezu die Pflicht der Opposition, die Argumente gegen ein falsches Vorhaben der Regierung lautstark zum Ausdruck zu bringen". Als Kompromißlinie stellten Schäuble und der frühere Bildungsminister Jürgen Rüttgers eine doppelte Staatsangehörigkeit für Ausländerkinder in Aussicht, deren Familien lange in Deutschland leben. Für dieses Optionsmodell hatte sich am Sonntag abend auch der stellvertretende Parteivorsitzende Christian Wulff ausgesprochen. Eine generelle Hinnahme doppelter Staatsbürgerschaften aber lehnen sie ab. Dies entspricht ungefähr dem früheren FDP-Modell, das eine Entscheidung für eine Staatsbürgerschaft von einem bestimmten Lebensjahr an vorsah. Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nannte solche Überlegungen jetzt verfehlt. Nur eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, die den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit endlich auch mit der Geburt ermögliche, schaffe mehr Integration. Unterdessen ging in der Union die interne Auseinandersetzung um die Unterschriftenaktion gegen den Regierungsentwurf weiter. Die Kritik von CDU-Politikern an der Aktion, darunter von Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth und Vorstandsmitglied Heiner Geißler, wertete CSU-Landesgruppenchef Michael Glos als Nebengeräusche von Außenseitern und als Äußerungen von ,,Polit-Omas und -Opas". Glos fügte hinzu, er habe nichts dagegen, wenn diese Leute in der Schwesterpartei blieben. ,,Es würde aber den Wahlergebnissen nichts schaden, wenn sie sich abwenden würden." Bayerns Grünen-Chefin Margarete Bause warf der CSU im Gegenzug vor, ihre Kampagne sei ,,weder volksnah noch volkstümlich, sondern völkisch". Die CSU beweise wieder einmal, daß sie ,,eine fundamentalistische Partei" sei. In den Reihen der Grünen zeigt sich mittlerweile aber auch Skepsis gegenüber der Betonung der doppelten Staatsbürgerschaft bei der Reform. Der Grünen-Europaabgeordnete Ozan Ceyhun bedauerte in einem Beitrag für die Berliner Zeitung taz, daß die Grünen die Probleme, ,,die zweifelsohne mit der doppelten Staatsbürgerschaft einhergehen", in den letzten Jahren nicht offensiv zum Thema gemacht hätten. Dazu gehöre das Problem doppelter Loyalitäten, zum Beispiel für ,,deutsche Beamte mit zwei Pässen". Zwar träfen solche Konflikte nicht die Mehrheit der künftigen Doppelstaatler, meint Ceyhun, der in der Türkei geboren wurde und nur den deutschen Paß besitzt. Hätten die Grünen sich mit solchen Fragen auseinandergesetzt, dann könnten sie nach Lösungen für die Probleme suchen, meint der Grünen-Politiker. Trotz seiner Bedenken ist Ceyhun für eine gesetzliche Verankerung der doppelten Staatsbürgerschaft, weil dies das Angebot sei, auf das viele Ausländer ,,seit langem warten". Der Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) soll am heutigen Dienstag in Bonn von einer kleinen Koalitionsrunde aus den Fraktionsspitzen von SPD und Grünen und innenpolitischen Experten erörtert werden. Am Mittwoch möchte Schily seinen Entwurf dann in Bonn vorstellen. Auf der offiziellen Tagesordnung des Kabinetts am Mittwoch steht der Gesetzentwurf aber noch nicht.